
Seit nunmehr 13 Monaten muss sich die Wirtschaft mit dem planlosen Herumgeeiere der Politik auseinandersetzen. Selbst zu planen ist damit kaum mehr möglich, die Politik lebt von den Umfragen, von Panikmache und von der Vogel-Strauß-Taktik, um bloß nicht in die düstere Zukunft zu sehen. Viele, viele Unternehmen werden die Pandemie, nein die Maßnahmen aufgrund einer Epidemie, nicht überleben können.
Aber selbst Unternehmen wie unseres, dass bisher sehr gut durch die Krise kam, wird es früher oder später, wohl eher früher, treffen: die Lieferketten brechen zusammen. Wer Elektronik benötigt, weiß das.
Wie bereits in unserem Telefonat besprochen, hat das Bundeswirtschaftsministerium eine Stabstelle eingerichtet, an die sich Unternehmen bei Problemen mit Lieferketten wenden können. Gern können Sie diese Stelle kontaktieren und ihr konkretes Problem mit Lieferanten besprechen: Kontaktstelle-lieferketten@bmwi.bund.de Ebenso besichert der Bund mittels einem 30-Mio.-Euro Schutzschirm Lieferketten.
Bundestagsabgeordnete Frau Magwas
Und die Antwort der Politiker? Ich habe mit Bundestagsabgeordneten und Mitarbeitern des Landrats gesprochen: Geld. Geld. Geld. Für diese und für jene Unterstützung, für dieses und für jenes Programm. Selbst für die Gefahr des Zusammenbruchs der Lieferketten wurde uns Geld angeboten.
Meine zynische Frage, ob wir das nehmen sollten, um unsere Lieferanten zu bestechen, blieb allerdings unbeantwortet.
Geld ist das geringste Problem, es geht um die Aufrechterhaltung der Lieferfähigkeit für die Kunden, um Planungssicherheit. Aber unsere abgehobene Politkaste versteht das nicht. Die nächste Lösung ist: Staatliche Planung. „Wir“ planen und geben dafür, na was wohl? Geld aus. Geld, das, wenn es so munter weiter gedruckt wird, schubkarrenweise zu den Lieferanten und den Kunden hin- und herum transportiert wird, vielleicht bald auch für den Einkauf im Supermarkt. Und dass wir, als Unternehmen in der ehemaligen DDR, zusammenzucken, wenn wir das Wort „Planung“ hören, versteht sich wohl von selbst.
Also wird weitergewurstelt in der Politik, von einem Tag auf den anderen, ohne Sinn und Verstand, und ohne wirklichen Plan, den man eben mal braucht, wenn es darauf ankommt.
Und nun zu unserer Geschichte.
Eigentlich zum Lachen, wenn es nicht so ernst wäre. Wir mussten einen Tubenfüller bei der Schweizer Armee, Abt. Pharmazie, in Betrieb nehmen. Die Mitarbeiter dort sind sehr gründlich und erwarten viel in Bezug auf Dokumentation, Qualifizierung und Verarbeitung der Maschine. Wir konnten glücklicherweise alle Kriterien erfüllen und letztendlich war der SAT in Bern erfolgreich. Wenn nicht das Land Sachsen und der Vogtlandkreis wäre, der Kreis, bei dem man mittlerweile für den Gang zum Friseur einen negativen Corona-Test vorlegen muss.
Denn: wenn man sich länger als 72h in einem Risikogebiet, wie derzeit Bern, aufhält, muss man zur Ausreise einen Corona-Test vorlegen, umgekehrt auch. Nur: das reicht dem Land Sachen und dem Vogtlandkreis nicht. Nein, nein, man muss zusätzlich – obwohl meine Mitarbeiter in einer Pharmazieabteilung(!) arbeiteten, 10 Tage in Quarantäne, mindestens aber fünf und dann wieder testen. Soviel zum Vertrauen in die Testergebnisse, die für die (eigentlich nichtssagenden) Inzidenzwerte rauf und runter hergenommen werden.
Also schrieb ich den Ministerpräsidenten an.
Prompt am nächsten Tage kam der Anruf von der Wirtschaftsförderung. „Jaja, da gibt es Ausnahmeregelungen und wir kriegen das schon hin.“ Also schrieb ich einen formlosen Antrag (s. Anlage). Weit gefehlt am nächsten Tag kam nach nochmaligem Nachfragen, ob dies das letzte Wort sei, in einer beängstigenden Apparatschik-Schreibweise von einem „Dipl.-Med.“ die Mitteilung, alles bliebe so, wie es ist. 10 Tage Quarantäne, und als Entgegenkommen(!) kann nach fünf Tagen eine Corona-Test vorgenommen werden.
„Die Auftragserfüllung Ihrer Mitarbeiter in der Schweiz vom 22.02.2021 bis voraussichtlich 26.02.2021 wird dadurch nicht beeinträchtigt.“
Auszug aus dem „Bescheid“
Zynismus pur von einem Mann, der garantiert noch nie in der freien Wirtschaft arbeitete. Nie. Garantiert.
Denn es mag ja der Aufenthalt nicht beeinträchtigt sein, aber was ist mit den Kapazitäten für unseren kleinen Betrieb, wenn z.B. sich nicht nur zwei Mitarbeiter auf einer Inbetriebnahme betrieben, sondern drei Inbetriebnahmen gleichzeitig stattfinden? Muss ich dann den Betrieb für die nächsten zwei Wochen schließen? Natürlich kam vom Apparat nur Achselzucken.
Es wurden natürlich vorher und nachher dutzende Email hin- und her gesendet, und alle sind selbstverständlich archiviert.
Aber hier hörte die traurige Farce noch nicht auf.
Es waren zwei Mitarbeiter vor Ort, ein Konstrukteur und ein Monteur. Der Konstrukteur wohnt 30km weiter in Thüringen. Dieses Land hat andere Bestimmungen als Sachsen. So musste der Konstrukteur NICHT in Quarantäne, wohl aber der Monteur aus Plauen. Der Konstrukteur kam also am Montag wieder zur Arbeitsstelle, der Monteur muss bis mindestens Mittwoch in Quarantäne, wenn der Konstrukteur schon wieder drei Tag im Betrieb anwesend ist.
Ich denke, das Wort „Irrsinn“ ist für einen solch bürokratischen Klamauk zu wenig. Es ist pathologischer Wahnsinn einer wildgewordenen Bürokratie.
Wir hatten schon öfter in Deutschland wildgewordenen Bürokraten, die ein politisches Ziel, auch wenn es katastrophal, menschenverachtend und grundfalsch war, mit äußerster Konsequenz und hoher Effizienz verfolgten. Große weltgeschichtlichen Tatsachen ereignen sich zweimal, meinte Hegel, und Karl Marx korrigierte ihn in seinem Buch „Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte“,
„das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce“.
2 Kommentare
UH März 02, 2021
Lieber Herr Dr. Richter, danke für diese Story, die wirklich nicht zu überbieten ist!
Dennoch Alles Gute weiterhin, Grüße aus Bayern.
TWR März 07, 2021
Thx 🙂
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